Mitarbeitende der Verwaltung des Hochsauerlandkreises im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu sensibilisieren und zu stärken, war das Ziel des Seminars "Inklusive Verwaltung mit Haltung". Veranstaltet wurde der Workshop von der Psychiatrie-, Sucht- und Behindertenkoordination Hochsauerlandkreis (HSK) in Meschede. Manuel Salomon vom Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben (KSL) im Regierungsbezirk Arnsberg gab den Teilnehmenden wertvolle Tipps.
Für Klaus K. ist jeder Behördengang eine große Hürde. Denn Klaus K. spricht sehr undeutlich und ist für Zuhörende meist sehr schwer zu verstehen ist. Grund dafür ist eine Sprachstörung, die durch einen Schlaganfall ausgelöst wurde. Ihm zuzuhören, braucht Zeit und verlangt viel Geduld. Beides gibt es in unserem schnelllebigen Alltag leider selten. Das trifft auch für Verwaltungen zu: Besuchs- und Beratungszeiten sind oft knapp bemessen, die Warteschlangen lang. Für Mitarbeitende sind das häufig ganz besondere Herausforderungen.
Klaus K. gibt es in der oben beschriebenen Weise nicht. Auch sind Name und Beeinträchtigung frei erfunden. Aber eine derartige Situation könnte sich jeden Tag in jeder Verwaltung in Deutschland zutragen. Christian Rademacher, Psychiatrie-, Sucht- und Behindertenkoordinator des Hochsauerlandkreises, kennt solche Situationen aus eigener Kenntnis und Erfahrung. Deshalb gibt es seit zwei Jahren den Seminarbaustein "Sicher im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen“. Grundlage dafür ist der "Aktionsplan Inklusion HSK". Im vergangenen Jahr gab es bereits einen Vortrag im Rahmen eines Seminars für angehende Führungskräfte. In diesem Jahr hat Rademacher zu dem Thema ein eigenständiges Seminar konzipiert. Zielgruppe sind heute alle Mitarbeitende der HSK-Kreisverwaltung.
Fachliche Kompetenz hatte Rademacher bei Manuel Salomon, Jurist beim KSL Arnsberg, angefragt. Das KSL mit Sitz in Dortmund engagiert sich im Regierungsbezirk für gesellschaftliche Inklusion und selbstbestimmtes Leben. Es berät öffentliche Verwaltungen ebenso wie private Organisationen kostenlos unter anderem zu den Vorteilen und Möglichkeiten barrierefreier Kommunikation, erklärt rechtlichen Grundlagen und gibt konkrete Verhaltenstipps. Diese beruhen nicht nur auf theoretischem Wissen, sondern vor allem auf eigenen Erfahrungen im Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen.
Lernen durch Erfahrung
Weil Lernen aus der und durch die Praxis meist sehr viel effektiver ist als lange Aufsätze zu studieren, konnte die Teilnehmenden des Seminars zum Beispiel in Übungen mit Simulationsbrillen selbst erfahren, wie sehbehinderte oder blinde Menschen die Umwelt einschließlich ihrer Mitmenschen wahrnehmen. Für das einleitende Beispiel wäre eine denkbare Lösung: "Sich dem Besucher oder der Besucherin zuwenden, ihm oder ihr das Gefühl geben, ganz bei ihm oder ihr zu sein, zuzuhören, ausreden lassen, Geduld haben", sagt Manuel Salomon. Von eigenen Behördenerfahrungen als Rollstuhlfahrerinnen berichteten auch Stephanie Tillmann und Zorica Stiewe, die bei der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung in Meschede ehrenamtlich tätig sind. Ihre Praxisberichte haben die Diskussion wesentlich bereichert.
Wertschätzung und Empathie
Denn nicht selten braucht es weder Hilfsmittel noch Unterstützung wie eine Gebärdendolmetschung. Einfühlungsvermögen, Wertschätzung und Empathie sind wichtige "weiche Faktoren" in der Begegnung mit behinderten Menschen. "Wenn ich weiß, dass zum Beispiel ein Klient mit einer psychischen Beeinträchtigung morgens Schwierigkeiten hat, Termine wahrzunehmen, muss ich diesen nicht gleich um acht Uhr in der Früh einbestellen", gibt Salomon praktische Tipps. "Eine menschliche, inklusive Haltung macht viele Vorschriften überflüssig. Und das gilt für den Umgang mit allen Menschen, ob mit oder ohne Behinderung!"
Die Teilnehmenden konnten so manchen Rat für die tägliche Arbeit mitnehmen, wie Christian Rademacher von den Teilnehmenden im Nachgang zu dem Seminar erfahren konnte. "Wir werden das Seminar im kommenden Jahr wieder anbieten und würden uns über viele neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus unserer Verwaltung freuen", blickt er nach vorne.
Unser Bild zeigt in der Mitte stehend den Referenten Manuel Salomon. Links daneben sind Stephanie Tillmann und Zorica Stiewe. Rechts neben dem Referenten steht Christian Rademacher. Im Hintergrund stehen die Workshop-Teilnehmerinnen Susi Bogen und Rita Schneider. Foto: HSK